Oktober 2022

Neugierig auf Ulrike Hermann? Die taz-Journalistin hatte in der ZDF-Sendung Markus Lanz dem Unternehmer Frank Thelen eine Lehrstunde in Sachen Geldpolitik verpasst. Da kennt sich die Wirtschaftsexpertin und Bestseller-Autorin nun wirklich aus. In Ihrem neuen Buch „Das Ende des Kapitalismus“ stellt sie das Konzept vom „Grünen Schrumpfen“ vor. Ökoenergie aus Sonne und Wind wird niemals reichen, um weltweites Wachstum zu befeuern. „Die Industrieländer müssen sich vom Kapitalismus verabschieden“, so ihre Forderung, „und eine Kreislaufwirtschaft anstreben, in der nur noch verbraucht wird, was sich recyceln lässt“.

Ganz ohne Frösteln mit Blick auf unsere sich rasch verändernde Welt geht es nicht. Der lang erwartete neue Roman von Dörte Hansen lässt sich zwar gemütlich auf dem Sofa wegschmökern. Aber nach „Altes Land“ und „Mittagsstunde“ bleibt die gefeierte Schriftstellerin ihrem Thema treu, dem Strukturwandel norddeutscher Landregionen. In „Zur See“ geht es um eine Nordseeinsel, auch da sind die großen Veränderungen längst spürbar. Dörte Hansen ist den ganzen Oktober über auf Lesereise. Vielleicht auch in Ihrer Nähe?

 

Die Kinos sind leer, gehen Sie mal wieder ins Kino! Zum Beispiel in den FilmAlice Schwarzer“. Die heute fast 80jährige ist eine unfassbar kraftvolle und wortgewaltige Frau. Sie hat sich von all den Anwürfen und der oft sehr persönlichen Kritik nie entmutigen lassen. Das Portrait der österreichischen Regisseurin Sabine Derflinger kommt ihr ziemlich nahe und verfolgt die umstrittene Journalistin über rund 50 Jahre. Zugleich schafft sie ein filmisches Kunststück, denn mit Alice Schwarzer ist die Entstehung der zweiten Frauenbewegung eng verwoben. Historische Aufnahmen u.a. von Demonstrationen gegen § 218 StGB strickt die Filmemacherin mit legendären Talkshowauftritten zusammen. Die Älteren werden sich noch an die Diskussion Alice Schwarzers mit Esther Vilar erinnern und über den kurzen Fernsehausschnitt freuen. Heftig gestritten und bösartig ausgeteilt wurde schon immer – wenn es um Feminismus geht. Kritische Stimmen von heute kommen zwar nicht zu Wort, das Portrait birgt in sich die Schwarzer-Attitüde des Rutsch-mir-den-Buckel-runter! Der Film „Alice Schwarzer“ ist dennoch eine sehenswerte Zeitreise, egal, ob Sie die Emma-Herausgeberin mit der frechen Schnauze persönlich mögen.

Ein gewagtes Kunststück ist der Film „Mutter“. Anke Engelke spielt mit den Stimmen von acht Frauen schön gefilmte Sequenzen aus dem Leben von Frauen nach. Macht und Ohnmacht, Freude und Zweifel an der Mutterrolle und ihren alltäglichen Schwierigkeiten erhalten durch den Verfremdungseffekt eine überraschende Eindrücklichkeit, denn die Frauen zwischen 30 und 75 Jahren, die über ihr Muttersein reden, sind selbst sind nie zu sehen. Lippensynchron kommen ihre Stimmen aus dem Off, nein, aus dem Mund von Anke Engelke. Ein faszinierendes Filmexperiment.