April 2022

Monika Helfer, Löwenherz, Roman, Hanser Verlag München 2022, 192 Seiten, 20 Euro.

Monika Helfer erinnert sich an ihren Bruder Richard. Seit dem Tod der Mutter wachsen sie und ihre Schwestern getrennt vom kleinen Bruder auf. Sie sehen sich selten, verlieren die Verbindung. Es ist die Zeit des Deutschen Herbstes. Richard ist da bereits ein junger Mann, von Beruf Schriftsetzer. Er ist ein Sonderling, das Leben scheint ihm wenig wichtig zu sein. Verantwortung übernimmt er nur, wenn sie ihm angetragen wird. So auch, als ihm auf merkwürdige Weise eine verflossene Liebe ein Kind überlässt, von dem er nur den Spitznamen kennt. Die unfreiwillige Vaterrolle gibt ihm neuen Halt, zumindest für eine Zeit. Ein inniges Portrait, eine Geschichte über Fürsorge, Schuldgefühle und Familienbande.

Löwenherz ist das dritte Buch, in der Monika Helfer ihre Familiengeschichte erzählt. Es steht für sich, die ersten beiden Romane sind keine Voraussetzung, um es zu verstehen. Es ist trotzdem erhellend, alle drei zu kennen, sie bilden die Chronik eines ganzen Jahrhunderts. Im ersten Roman Die Bagage schreibt Monika Helfer über ihre Großmutter, die mit ihrer kinderreichen Familie in ärmlichen Verhältnissen in einem einsamen Bergdorf zur Zeit des ersten Weltkriegs ihr Leben meistert. Im zweiten Roman Vati erzählt sie die Geschichte ihrer Kindheit und des Erwachsenwerdens in schwierigen Verhältnissen nach dem zweiten Weltkrieg.

Monika Helfer, geboren 1947 in Bregenzerwald in Österreich, lebt als Schriftstellerin mit ihrer Familie in Vorarlberg. Sie hat zahlreiche Romane, Erzählungen und Kinderbücher veröffentlicht. Für ihre Arbeiten wurde sie unter anderem mit dem Robert-Musil-Stipendium, dem Österreichischen Würdigungspreis für Literatur, dem Solothurner Literaturpreis und dem Johann-Peter-Hebel-Preis ausgezeichnet. Mit ihrem Roman Schau mich an, wenn ich mit dir rede (2017) war sie für den Deutschen Buchpreis nominiert. Für Die Bagage erhielt sie den Schubart-Literaturpreis 2021 der Stadt Aalen. Für den Roman Vati wurde sie erneut für den Deutschen Buchpreis nominiert.

Rezension im NDR, Rezension im SWR, weitere Informationen über alle drei Bücher