Rückblick auf den Deutschen Anwaltstag (DAT) vom 14. bis 16. Juni 2023 in Wiesbaden:

Wer dabei war, erinnert sich an die vielen orange-roten Schleifen an den Revers von Anzügen und Kostümen: Eine Solidaritätsaktion zur Unterstützung bedrohter Anwältinnen und Anwälte. In diesem Jahr setzt sich die ARGE Anwältinnen im DAV für afghanische Rechtsanwält:innen ein. Bei der Herbsttagung 2022 in München hatte RAin Dr. Margarete Gräfin von Galen die Idee, mit einem Symbol auf die Bedrohung von Anwält:innen aufmerksam zu machen. Die ARGE Anwältinnen hat die Idee aufgegriffen und als Symbol orange-rote Solidaritätsschleifen kreiert. Sie wurden auf dem DAT gegen eine Spende abgegeben. Die Spenden kommen in diesem Jahr dem Verein Bahaam e.V. in Berlin zugute. Er unterstützt geflüchtete Anwältinnen aus Afghanistan u.a. mit Online-Deutschkursen und einem Vernetzungsangebot. Viele Kolleginnen sind mit Kindern geflohen und können nicht an Präsenz-Deutschkursen teilnehmen. Die Vernetzung erfolgt untereinander und mit Berufskolleginnen. Zu diesem Thema fand auf dem DAT eine Veranstaltung mit afghanischen Kolleginnen statt, über die weiter unten in diesem Rückblick berichtet wird. Die Spendenaktion wird fortgesetzt.  Bitte spenden auch Sie, um die Kolleginnen zu unterstützen → Infoflyer mit Kontoverbindung.

Der DAT begann vor der offiziellen Eröffnung mit Online-Diskussionen, wie die am 12.6. zum Thema „Rechtzeitig aktiv werden im Versorgungsausgleich“. In der Kooperationsveranstaltung, die von ARGE-Mitglied RAin Charlotte Guckenmus, LL.M, Frankfurt, zusammen mit RA Peter Hartmann, Berlin, moderiert wurde, referierten RAinuNin Edith Kindermann, RA Klaus Weil und die Syndikusanwältin Patricia Köster von der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. zu verschiedenen Aspekten des Versorgungsausgleichs.

Am 13.6. moderierte RAin Dr. Berit Jaeger, Leinfelden-Echterdingen, die Fortsetzung der ARGE-Veranstaltungsreihe „Erfolg durch Spezialisierung“. RAin Dr. Petra Kauch, Lüdinghausen, berichtete von guten Einkommensmöglichkeiten dank geringer Konkurrenz. Die Fachanwältin für Verwaltungsrecht und Fachanwältin für Agrarrecht hat ihre Kanzlei auf Bauen im Außenbereich, Flurbereinigungsrecht sowie Gentechnikrecht ausgerichtet. RAin Dr. Franziska Heß, Leipzig, hat 2021 den Klimaschutz-Beschluss des BVerfG mit erstritten. Sie ist Fachanwältin für Verwaltungsrecht mit Schwerpunkt Umwelt- und Planungsrecht und sprach sogar davon, dass ihre Spezialisierung sehr gut mit einer Teilzeittätigkeit vereinbar sei. Für Dr. Nicole Weiß eröffnete ihre Promotion zur „Liberalisierung der Wasserversorgung“ den Berufsweg zur Syndikusanwältin und nunmehr Abteilungsleiterin Recht der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm.

In Präsenz fanden dann die weiteren Veranstaltungen der ARGE Anwältinnen statt:

Beim „Anwaltstag für junge Jurist:innen“ des Forum Junge Anwaltschaft am 14.6. stellte sich die ARGE Anwältinnen den etwa 40 Teilnehmenden vor. Gute Zusammenarbeit ist wichtig, auch zwischen den Arbeitsgemeinschaften im Deutschen Anwaltverein. Zum „Young Lawyers‘ Lunch“ für Studierende und Referendar*innen hatten Forum Junge Anwaltschaft und ARGE Anwältinnen am 15.6. eingeladen. Sie konnten circa 40 bis 50 Interessierte begrüßen und bewirten – und über die Aktivitäten ihrer Arbeitsgemeinschaften berichten.

Für den juristischen Nachwuchs ging es nach dem Lunch sofort spannend weiter, als junge Anwält*innen über ihren Karriereeinstieg berichteten, moderiert von RAin Dr. Alexandra Nöth, Bremen: Im Griechenland-Urlaub entschied sich RA Maximilian Krämer LL.M., München, ad hoc zum Kanzleieinstieg, als er erfuhr, dass der Seniorpartner unerwartet verstorben war. Sonja Neitzel, RAin in Herrenberg bei Stuttgart und Mitglied im GfA, plante dagegen Schritt für Schritt Gründung und Aufbau einer gemeinsamen Kanzlei mit ihrer Partnerin RAin Susan Pari Kaupp. RAin Daniela Müller, Bielefeld, sprach über den Mut zur Nische. Sie fand durch ihr Hobby ihre Spezialisierung: Tierrecht.

Der traditionelle Frühstücksempfang der ARGE Anwältinnen am 16.6. war mit ca. 150 Teilnehmer:innen sehr gut besucht. Die Vorsitzende der ARGE Anwältinnen RAin Christina Dillenburg berichtete über erste wichtige Ergebnisse der Umfrage zu „Kind UND Karriere? Geht das?“, die die ARGE Anwältinnen auf dem letztjährigen DAT in Hamburg gestartet hatte. Nicht nur im Hinblick auf die Ergebnisse, sondern auch auf den anhaltenden Rückgang der Anwaltschaft – die BRAK hatte gerade die neuesten Anwaltsstatistiken veröffentlicht – mahnte sie die gebotene Verbesserung von Rahmenbedingungen für Anwältinnen an, damit diese den Beruf der Anwältin ergreifen und auch mit Kindern beibehalten. DAV-Präsidentin Edith Kindermann dankte der ARGE Anwältinnen für Ihren Einsatz – nicht nur für die weibliche Anwaltschaft, sondern auch für einen gelungenen DAT. Die Anzahl und Vielfalt der von der ARGE jedes Jahr dort angebotenen Veranstaltungen sei einzigartig. RAin Ursula Gudernatsch moderierte und dankte RAin Petra Heinicke für ihre wertvolle Unterstützung der ARGE Anwältinnen als Abgesandte aus dem DAV-Vorstand, sowie den Regionalbeauftragten für ihr Engagement. Sie nutzte die Gelegenheit, bei den zahlreich Versammelten dafür zu werben, selbst die Organisation von Regionalstammtischen zu übernehmen. Ansprechpartnerin für Interessierte ist RAin Irene Voerste, per E-Mail: voerste@riwa-augsburg.de.

Die Abschlussveranstaltung der ARGE Anwältinnen auf dem DAT fand am Nachmittag des 15.6. mit der Podiumsdiskussion zu „Bedrohung von Anwält:innen, Flucht und Vertreibung“ statt. Die afghanische Rechtsanwältin Monira Jalali und die Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin Wazhma Tokhi waren zu Gast und berichteten in emotionalen Worten, wie das Leben in Afghanistan für Frauen heute aussieht und von Ihrem Leben vor der Machtübernahme durch die Taliban. Vor diesem Hintergrund berichteten der DAV Vizepräsident Stefan Raumer über das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan, welches seit Oktober 2022 in Kraft ist und über das noch niemand aufgenommen wurde. Dazu passend berichtete die Migrationsrechtsanwältin Maria Kalin, dass die Visavergabe für das Bundesaufnahmegesetz seit April 2023 ausgesetzt ist.  Fazit der am Podium Beteiligten war, dass man trotz der Schwierigkeiten bei der Visavergabe den Menschen, insbesondere den Frauen und den bedrohten Anwältinnen und Anwälten, helfen muss. Derzeit ist dies aber nur möglich, in dem man die Geflohenen in Deutschland unterstützt. Falsche Hoffnungen, so führte Wazhma Tokhi aus, nützen den bedrohten Frauen in Afghanistan nicht. Die ARGE Anwältinnen und der DAV sind gefordert, sich für die bedrohten Kolleginnen einzusetzen und nicht nachzulassen, um etwas zu bewirken. Unser Appell an Sie ist daher: Unterstützen Sie die von uns ins Leben gerufene Aktion mit einer Spende → Infoflyer mit Kontoverbindung oder nehmen Sie Kontakt zu Kolleginnen über das sich bildende Netzwerk auf, um in Austausch mit den Kolleginnen zu treten. Die Veranstaltung wurde vom Hörfunk der ARD aufgezeichnet. Sobald wir einen Sendetermin wissen, werden wir diesen veröffentlichen.

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Sehen wir uns in Köln? Vom 7. bis 9.9. 2023 lädt die ARGE Anwältinnen im DAV zur Herbsttagung ein, unter dem Motto: „Et bliev nix wie et wor – Rechtsentwicklung im In- und Ausland“. Ab sofort können Sie sich zur 35. Anwältinnenkonferenz anmelden:

https://www.anwaltakademie-event.de/2126

Das Programm steht bereits: Nach Stadtführung und Get-together am Donnerstagnachmittag beginnen am Freitag, 7.9. um 9:15 Uhr, die juristischen Vorträge im KOMED Haus im Kölner Mediapark: „Gut abgesichert in die Rente?“, „Die Freiheit der Kunst“, „Neues Betreuungsrecht“, „Deutsch-spanisches und deutsch-italienisches Erbrecht – Rechtsbeziehungen und Rechtsvergleich“ und „Der Immobilienkauf in Frankreich“. Ein besonderes Angebot um 16 Uhr ist: „Starke Stimme – starker Auftritt“ mit der Stimmtrainerin Ute Bries. Zum Ausklang des Tages folgt ein Festessen im Restaurant Osman mit Blick über Köln. Nach der Mitgliederversammlung am Samstagmorgen folgt ein letzter spannender Vortrag: „Arbeitszeiterfassung in der Kanzlei: Eine Bestandsaufnahme nach den Urteilen von EuGH und BAG und dem Entwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes“.

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Ausgang der Wahlen zum Vorstand des Deutschen Anwaltverein am 14. Juni 2023: Er besteht nunmehr aus 18 Männern und 10 Frauen, eine Frau weniger als in der vorhergehenden Amtsperiode. Das Präsidium hat mit RAinuNin Edith Kindermann als Präsidentin und den Vizepräsidentinnen RAin Julia Heise, L.L.M. London, und RAin Sonka Mehner, Essen und Schwelm, zurzeit drei Frauen und einen Mann, Vizepräsident RA Stefan Raumer, Berlin. Bei der Sitzung im September wird das Präsidium neu gewählt und ergänzt. Wir können noch nicht sagen, wie das Präsidium dann aussieht. Allerdings hatten bei den Vorstandswahlen drei Frauen die Nase vorn. Die meisten Stimmen erhielten in dieser Reihenfolge: RAin Sonka Mehner, RAin Cornelia Süß (Mitglied der ARGE Anwältinnen) und RAin Silvia C. Groppler (Ehrenmitglied der ARGE Anwältinnen) Darüber hinaus ist ein weiteres Mitglied der ARGE, RAin Dr. Clarissa Freundorfer, LL.M., nun auch im DAV-Vorstand vertreten. Das ist ein starkes Ergebnis für die Arbeitsgemeinschaft, das wir auch auf unseren Wahlaufruf zurückführen. Es lohnt sich Mitglied in der ARGE zu sein! Das Gesamtwahlergebnis finden Sie → als PDF zum Download. Wir gratulieren allen zu ihrer Wahl in den DAV-Vorstand.

Ausdrücklich danken möchten wir, der geschäftsführende Ausschuss der ARGE, RAin Petra Heinicke für ihr Engagement für die Belange der Anwältinnen und die guten Ideen, die sie eingebracht hat. Ihre Amtszeit im Vorstand war nach 12 Jahren ständiger Zugehörigkeit abgelaufen. Wir erinnern uns noch mit Freude an ihre launige Ansprache im Dezember 2022 in München, beim Festakt der ARGE Anwältinnen zu Ehren der ersten zugelassenen Rechtsanwältin Maria Otto. Diese hielt sie als Vorsitzende des Münchener Anwaltvereins, der den Festakt dank ihr finanziell stark unterstützt hat.

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Bedanken möchten wir uns auch bei RAin Nathalie Grudzinski. Sie war zehn Jahre lang Regionalbeauftragte der ARGE Anwältinnen Berlin/Brandenburg, ein Ehrenamt, das sie mit viel Herzblut ausgeführt hat. Aufgrund Ihres Umzugs in den Norden ist es nun notwendig, eine Nachfolgerin zu finden, die Netzwerktreffen und Themenabende organisiert. Bei Interesse an dieser ehrenamtlichen Mitarbeit bitten wir um E-Mail an regio@kanzlei-grudzinski.de.

„Das Recht auf Schutz darf nicht abgeschafft werden“: Mehr als 800 Rechtsanwält*innen und weitere Jurist*innen haben einen Offenen Brief an Bundesregierung, Bundestag und die Ministerpräsident*innen der Bundesländer unterschrieben, veröffentlicht beim Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. am 6.6.2023. Sie wenden sich mit einem umfassenden Forderungenkatalog gegen die „massivsten Verschärfungen des Flüchtlingsrechts seit Jahrzehnten“. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat am 8.6.2023 einem Kompromiss der EU-Außenminister zur Beendigung des jahrelangen Asylstreits zugestimmt, der einen deutlich härteren Umgang mit Geflüchteten vorsieht, die aus Ländern stammen, die als relativ sicher gelten.

Der DAV hat sich der Kritik angeschlossen – siehe Pressemitteilung und den Bericht in der Legal Tribune Online.

Ist es eine „unzulässige Verdachtsberichterstattung“, wenn Medien die Anschuldigungen gegen Till Lindemann, den Sänger der Kultband Rammstein, zum Thema machen? Kommt es darauf an, ob das, was junge Frauen gegenüber dem Spiegel und anderen Medien berichtet haben, strafrechtlich relevant ist? Lindemanns Anwälte haben mit Unterlassungsaufforderungen versucht, Frauen zum Schweigen zu bringen, die über Vorfälle während und nach den Auftritten der Band berichtet haben. Sich mit anwaltlicher Hilfe zur Wehr zu setzen, kann extrem teuer werden. Diese Aussicht ist Teil der Einschüchterung, erfolgreich war sie nicht. Denn noch immer brechen Frauen ihr Schweigen, ermutigt von der einzigartigen Crowdfundingaktion „Wieviel Macht ein Euro“. Prominente wie die Schauspielerin Nora Tschirner, die Comedienne Carolin Kebekus, der Musiker und Videokünstler Rezo sowie etliche andere unterstützen die Sammelaktion, die die Amadeo-Antonio-Stiftung gestartet hat: Innerhalb weniger Tage kamen mehr als 815.000 Euro durch 70.000 Kleinspenden von im Schnitt 11 Euro zusammen. Das Spendenziel von 825.000 Euro ist Stand heute mit 823.927 Euro fast erreicht. Die Stiftung bedankt sich und schreibt auf der Spendenplattform Betterplace.org: „Betroffene von sexualisierter Gewalt sind nicht allein. Und sie können sich wehren und sich die Hilfe holen, die sie brauchen.“

Carla Hinrichs ist Juristin, das zweite Staatsexamen hat sie aufgeschoben, denn sie will als Sprecherin der „letzten Generation“ zuerst Erfolge erzielen: im Bewusstsein der Menschen für die Bedrohung durch den Klimawandel. Solange „der Planet so zerstört wird“, müsse ihre berufliche Karriere warten. Die 26-Jährige ist die bundesweit bekannteste Klimakleberin. Für ihre Teilnahme an Straßenblockaden wurde sie mehrfach verurteilt, zuletzt vom Amtsgericht Frankfurt am Main zu einer Haftstrafe und 60 Stunden gemeinnützige Arbeit. Die ZDF-Dokumentation „Radikal, gehasst, verzweifelt – Die letzte Generation“ portraitiert drei Aktivist*innen und kommt dabei Carla Hinrichs sehr nahe, besucht sie sogar an ihrem ländlichen Rückzugsort bei den Eltern, ein ökobewusstes Lehrerpaar. Zu erleben ist eine sensible junge Frau, die ehrlich über ihre Angst bei den Aktionen auf der Straße spricht und über ihre Sorge um die Zukunft ihrer Generation.
ZDF, 37 Grad: „Radikal, gehasst, verzweifelt – Die letzte Generation“, Mediathek bis 20.6.2028

Beim DAT wurde das erste Mal eine Frau mit der Hans-Dahs-Plakette ausgezeichnet: RAin Mechthild Düsing erhielt bei der Eröffnungsveranstaltung aus den Händen von DAV-Präsidentin Edith Kindermann die höchste Auszeichnung der deutschen Anwaltschaft. Die Plakette wird seit 1973 in Anerkennung um die Verdienste von Anwaltschaft mit Verbindung zur Wissenschaft verliehen. In ihrer 50-jährigen Karriere als Anwältin ist das Bundes­ver­fas­sungs­gericht ihren Ausfüh­rungen mehr als einmal gefolgt. Mechthild Düsing ist seit mehr als 20 Jahren im Verfassungsrechtsausschuss des DAV aktiv. Sie war auch Initiatorin des DAV-Gender­aus­schusses. Der Anwältin aus Münster und früheren Notarin ist es zu verdanken, dass Notarinnen ihren Amtssitz nach einer Pause für Kinder­be­treu­ungs­zeiten zurück­er­halten können. Es sind die „großen und polarisierenden Themen, die Mechthild Düsing am Herzen liegen“, beschrieb die DAV-Präsidentin Edith Kindermann die Ausgezeichnete. Mechthild Düsing ist der ARGE Anwältinnen seit langen Jahren verbunden: sie war unsere erste Vorsitzende und ist heute Ehrenmitglied. 2019 hat sie der DAV mit dem Maria-Otto-Preis ausgezeichnet. Wir gratulieren Mechthild Düsing ganz herzlich zur Hans-Dahs-Plakette.

„Einblicke Adoption“: Das Bundesfamilienministerium hat eine Broschüre mit Informationen, Adressen von Anlauf- und Beratungsstellen sowie persönlichen Berichten zum Ablauf einer Adoption veröffentlicht. Praktisch für alle, die auf diesem Weg eine Familie gründen wollen. Das Magazin berichtet über mögliche Auslandsadoptionen, genauso wie über den offenen Umgang mit der Adoptionsgeschichte des Kindes.

Urlaubszeit – Zeit für Krimis:

„Streckenweise richtig, richtig lustig“, verspricht Isabel Rohner, ist ihr neuester Kriminalroman „Kalte Sophie“. Sie hat ihn nach der fünften Eisheiligen benannt, denn Hatespeech und die patriarchalen Abgründe des Kunstbetriebes lassen die Leserin wohlig erschauern. Dennoch nennt Isabel Rohner das Buch liebevoll „Kicherkrimi“ – denn es gibt immer wieder etwas zu lachen, als sich die eigenwillige Krimiautorin Linn Kegel vor einem Shitstorm nach Osnabrück flüchtet und vor ihren Augen ein Kunstraub passiert. Nur sehen kann sie ihn nicht, denn bei der Galerieeröffnung fällt der Strom aus und eine bekannte Kunsthistorikerin ist danach spurlos verschwunden. Linn Kegel nimmt die Verfolgung auf.
Kalte Sophie, Isabel Rohner, Ulrike Helmer Verlag, 216 Seiten, 14,- Euro

„Im Zweifel für die Angeklagte“ – schön wär’s, aber was der Staatsanwalt im Krimi „Mutterliebe“ vorträgt, ist erschütternd: Auf der Anklagebank sitzt die „Mördermutter“, wie sie von den Boulevardmedien bereits vorverurteilt wird. Der Tatvorwurf: Sylvia Bentz soll ihre Kinder in den Wald gelockt und den Sohn erdrosselt haben; die Tochter hat es knapp überlebt. Zeitungsreporterin Kiki Holland hat ihre Zweifel und macht sich auf die Suche nach der Wahrheit, wenn es Polizei und Staatsanwaltschaft schon nicht tun. Das erfahrene Autorenteam Silke Pörath und Sören Prescher legt unter dem wenig verhüllten Pseudonym Kim Selvig einen Justizkrimi vor, der sich auf einer Strandliege oder in einer Hängematte gut wegschmökern lässt.
Mutterliebe, Kim Selvig, Verlag Harper-Collins, 368 Seiten, 13,- Euro

Sachbuch: Auch Stevie Schmiedel stimmt einen lockeren Ton an, wenngleich es in ihrem Sachbuch um ein hochpolitisches Thema geht: „Jedem Zauber wohnt ein radikaler Anfang inne“ ist ihre persönliche Aufarbeitung der jüngsten feministischen Debatten: Frauenbewegung versus Queerfeminismus – wo geht die Reise hin? Kann es zwischen Jung und Alt eine Ebene der Verständigung geben? Der Generationenkonflikt lähmt den Feminismus, es sei ein „einziges Gemetzel“, beobachtet Stevie Schmiedel. Die promovierte Genderforscherin ist die Gründerin von Pinkstinks, Bildungsorganisation und Onlinemagazin gegen Sexismus in der Werbung. Nach der Übergabe des Herzensprojektes an Jüngere wirbt sie in ihrem Erstlingswerk mit ihrer typisch mentalen Wendigkeit für Versöhnlichkeit auf allen Seiten.
Jedem Zauber wohnt ein radikaler Anfang inne – warum uns ein bisschen Genderwahn guttut, Stevie Schmiedel, Verlag Kösel, 256 Seiten, 22,- Euro

Interessante Termine
5.7.2023, Dortmund „Black Germany. Schwarz, deutsch, feministisch – die Geschichte einer Bewegung”, Lesung mit Tiffany N. Florvil, organisiert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung
6.7.2023, Berlin Lesung Nadia Shehadeh „Anti-Girlboss – Den Kapitalismus vom Sofa aus bekämpfen“: Netzwerken und Überstunden, Auslaufmodelle der Arbeitswelt? Friedrich-Ebert-Stiftung
11.7.2023, online „Feministische Außenpolitik: Härtefall Ukraine“, Podiumsdiskussion der Heinrich-Boell-Stiftung, mit Filmvorführung
11.7.2023, Hamburg „Fokus Afghanistan: Wie geht es den Frauen und Mädchen im Land?“ Diskussion der Friedrich-Ebert-Stiftung mit der Frauenhilfsorganisation „Afghanischer Frauenverein“ und Bundestagvizepräsidentin Aydan Özuguz
14.-16.7. 2023, Nürnberg „Frauen, Macht und Diffamierung – Wochenendseminar für kommunalpolitisch aktive Frauen“. Kommunalakademie Bayern in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung
7.8.2023, online „Wie reagiere ich richtig, wenn ich unter Druck stehe? Krisen im Ehrenamt kompetent begegnen“: Online-Seminar der Heinrich-Boell-Stiftung
26.8.2023, Bremen „Neu im Beirat – gut vorbereitet und konstruktiv arbeiten“, Kompetenzseminar der Friedrich-Ebert-Stiftung
27.8. – 1.9.2023, Brüssel „Das feministische Brüssel erleben – Gender- und Gleichstellungsmotor Europäische Union!?“ Bildungsreise, organisiert von der Heinrich-Boell-Stiftung
Save the date:
7. – 9.9.2023, Köln Herbsttagung der ARGE Anwältinnen im DAV → Anmeldung
14. – 17.9.2023, Hamburg 45. Deutscher Juristinnenbund Bundeskongress: „Unternehmensziel Geschlechtergerechtigkeit“
11.7.2023, Berlin
18 – 20 Uhr
Sommertreffen der ARGE Anwältinnen Berlin/Brandenburg im Biergarten „Zollpackhof“, Elisabeth-Abegg-Straße 1, 10557 Berlin (an der Spree gegenüber vom Bundeskanzleramt), RAin Nathalie Grudzinski bittet um Anmeldung: regio@kanzlei-grudzinski.de

Noch einmal zurück zum Hauptevent des Juni: Einen umfassenden Bericht über den DAT liefert das Anwaltsblatt, etwa über die Keynote der Vizepräsidentin des Europäischen Parlamentes. Katharina Barley hielt bei der Eröffnung des DAT eine „nachdenkliche und emotionale“ Rede über Europa. Schon mal vormerken: 2024 wird der Deutsche Anwaltstag von 5. bis 7. Juni in Bielefeld stattfinden.

Ein interessantes Zahlenwerk präsentiert der DAV-Tätigkeitsbericht für 2022/23, der zur Mitgliederversammlung beim DAT vorgelegt wurde. Auf Seite 46 visualisiert der Genderreport den Frauenanteil in den Gremien des DAV (31,42 Prozent weibliche Vorstandsmitglieder), in den Gesetzgebungsausschüssen (42,11 Prozent weibliche Vorsitzende von 37 Ausschüssen), bei allgemeinen Veranstaltungen (42,92 Prozent Referentinnen) und bei den hauptamtlich Tätigen in den Geschäftsstellen Berlin und Brüssel (72 ProzentFrauenanteil bei 50 Prozent paritätisch besetzter DAV-Geschäftsführung). Beachtlich!