März 2024

Ingeborg Bachmann wird häufig als einzige Frau in der Gruppe 47 genannt, jener legendäre Club von Literaten, der sich im kriegszerstörten Deutschland zusammengefunden hatte: Böll, Johnson, Grass, Andersch und viele andere. Auch Frauen gehörten zum erlauchten Kreis, aber sie wurden von den Männern nicht ernstgenommen, stattdessen als „begehrenswerte Körper oder tragische Wesen“ gesehen, wie die Literaturwissenschaftlerin Nicole Seifert schreibt. In ihrem neuen Buch „Einige Herren sagten etwas dazu. Die Autorinnen der Gruppe 47“ erzählt sie die Geschichte der männerdominierten Gruppe 47 aus der Perspektive der Frauen: Das Leben von Autorinnen in den Fünfziger- und Sechzigerjahren der BRD, ihr literarisches Wirken im Kreis der Schriftsteller kleingeredet, ihre Werke vergessen. Sie deckt die sexistischen Entgleisungen der Herrenrunden auf, die ihre Treffen gern im Puff ausklingen ließen. Die intensive Archivarbeit von Nicole Seifert wird als Sensation gesehen; die Nachkriegsliteratur müsse neu bewertet werden, heißt es in der Literaturkritik. Eine Empfehlung, die mit Seiferts Buch einhergeht: Die Bücher von Gisela Elsner, Gabriele Wohmann, Christa Reinig, Ingeborg Drewitz, Barbara Frischmuth und so vieler anderer, großartiger Schriftstellerinnen wieder – oder zum ersten Mal – in die Hand nehmen und lesen, lesen, lesen.
„Einige Herren sagten etwas dazu. Die Autorinnen der Gruppe 47“, Nicole Seifert, Verlag Kiepenheuer und Witsch, 352 Seiten, 24,- €