Mehr Frauen in die Parlamente! Dies gilt auch für die Wahlen zur Satzungsversammlung der regionalen Rechtsanwaltskammern, die in diesem Frühjahr anstehen. Unterstützen Sie mit Ihrer Stimme Rechtsanwältinnen als Ihre demokratisch legitimierten Vertreterinnen in den Parlamenten der Rechtsanwaltschaft. Aus der ARGE Anwältinnen stellen sich zur Wahl, in Berlin: RAin und Notarin Silvia C. Groppler, in Stuttgart: RAin Klaudia Großmann. Silvia C. Groppler ist Mitgründerin der ARGE Anwältinnen und war ihre Vorsitzende von 2008 bis 2018; seit 2020 ist sie die Gender- und Diversitybeauftragte des DAV. Klaudia Großmann ist Sprecherin der ARGE-Regionalgruppe Stuttgart.

Die Rechtsanwaltskammer Berlin hat mit RAin Dr. Vera Hoffmann seit dem 15. März 2023 eine Präsidentin. Damit steigt die Zahl der Kammerpräsidentinnen bundesweit. Wir gratulieren der Fachanwältin für Strafrecht und für Miet- und Wohnungseigentrumsrecht zu ihrer Wahl! Mit Vera Hofmann steht zum dritten Mal eine Frau an der Spitze der RAK Berlin.

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Mehr Frauen in die Prüfungskommissionen! Die ARGE Anwältinnen engagiert sich für Parität bei mündlichen Examensprüfungen. Wir fordern Kolleginnen auf, sich als Prüferinnen zur Verfügung zu stellen; erinnert sei an unsere virtuelle Podiumsdiskussion beim Deutschen Anwaltstag 2020. Eine großangelegte Studie im Auftrag des Nordrhein-Westfälischen Justizministeriums hatte 2018 ergeben, dass Frauen schlechter beurteilt werden, wenn die Prüfung vor rein männlich besetzten Kommissionen stattfindet. Besonders kritisch waren die Prüfer, wenn es um eine Prädikatsnote ging. Auffällig war, dass Frauen im Abitur und während des Studiums einen besseren Notendurchschnitt erzielen, beim 1. Staatsexamen aber im Verhältnis dazu weniger gut abschließen. Der Hamburger Senat meldete nun: 46 Prozent der Prüfungskommissionen sind mit mindestens einer Frau besetzt, ein Anstieg von 33 Prozent im Jahre 2021. Um den mageren Erfolg (gezählt wurde, ob mindestens eine Frau dabei ist!) zu verbessern, soll in Hamburg eine neugeschaffene Kinderbetreuungspauschale von 25 Euro die Bereitschaft steigern, als Prüferin neben dem Hauptberuf tätig zu sein.

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„Mit Recht nachhaltig“ ist das Motto des Deutschen Anwaltstag 2023 vom 14. – 16.6. in Wiesbaden. Bereits am 12.6. beginnt der Anwaltstag mit virtuellen Angeboten. Die ARGE Anwältinnen im DAV hat eine Reihe interessanter Programmpunkte vorbereitet:

Montag, 12.6., 13:00 – 15:30 Uhr, online: „Rechtzeitig aktiv werden im Versorgungsausgleich, damit die Rente nachhaltig bleibt“. Es referieren: RAin und Notarin Edith Kindermann, Präsidentin DAV, RA Klaus Weil, Syndikusanwältin Patricia Köster. Moderation RAin Charlotte Guckenmus, LLM, und RA Peter Hartmann. Eine Kooperation mit den Arbeitsgemeinschaften  Familienrecht, Sozialrecht, Syndikusanwälte und dem FORUM Junge Anwaltschaft.

Am Dienstag, 13.6., 10:30 – 12:00 Uhr, bietet die Arbeitsgemeinschaft Anwältinnen eine virtuelle Diskussionsrunde an zur Frage: „Erfolg durch Spezialisierung“ – mit Recht nachhaltig“. Über ihre Erfahrungen mit Umweltrecht, Agrarrecht und Energierecht sprechen die RAinnen Dr. Petra Kauch, Dr. Franziska Hecht und die Leiterin der Abteilung Recht der Ulmer Stadtwerke, Dr. Nicole Weiß. RAin Dr. Berit Jaeger moderiert.

Am Donnerstag, 15.6., 12:40 – 13:40 Uhr, lädt die ARGE Anwältinnen in Kooperation mit dem FORUM Junge Anwaltschaft zum Lawyers‘ Lunch – auch für Studierende und Referendar*innen. RA Jan Kemperdieck und die RAinnen Sonja Neitzel und Irene Voerste stellen ihre Arbeit vor – sowie das Mentoringprogramm der ARGE Anwältinnen. Die Präsenzveranstaltung ist eine hervorragende Gelegenheit, sich mit jungen Kolleg*innen im DAV zu vernetzen.

Daran an schließt sich ein weiteres Angebot für den juristischen Nachwuchs: Donnerstag, 15.6., 13:45 – 15:15 Uhr teilen RA Maximilian Krämer und die RAinnen Sonja Neitzel und Daniela Müller ihre Erfahrungen zu „Kanzleigründung – Kanzleiübernahme – Mut zur Nische“. RAin Dr. Alexandra Nöth, LLM, moderiert die Veranstaltung in Präsenz.

Am Freitagmorgen, 16.6., 8:30 – 9:30 Uhr bietet der Frühstücksempfang der ARGE Anwältinnen im DAV Gelegenheit zum fachlichen und persönlichen Erfahrungsaustausch. Die Vorsitzende des Geschäftsführenden Ausschuss, RAin Christina Dillenburg, und die Präsidentin des Deutschen Anwaltverein, RAin und Notarin Edith Kindermann, referieren. RAin Ursula Gundernatsch moderiert das Netzwerktreffen mit seiner langen Tradition auf dem Anwaltstag.

Am Freitagnachmittag, 16.6., 13:45 – 15:15 Uhr begrüßt die ARGE Anwältinnen zusammen mit dem Ausschuss Menschenrechte und dem Ausschuss Migrationsrechte zwei afghanische Juristinnen in Präsenz. Die RAin M.J. und die Frauenrechtlerinnen Wazhma Tokhi sprechen über „Bedrohung von Anwältinnen, Flucht und Vertreibung“, ergänzt durch Beiträge von RAin Maria Kalin und RA Stefan von Raumer, Vizepräsident des DAV. RAin Ulrike Silbermann moderiert.

Tipp: Frühbuchen lohnt sich! Bis zum 12. April gibt es einen Preisnachlass von 20,- Euro auf die Präsenzdauerkarte inklusive aller Online-Seminare. Am besten noch heute anmelden! Für Studierende und Referendar*innen ist die Teilnahme übrigens kostenfrei.

DAV begrüßt EU-Richtlinie gegen Gender Pay Gap. Eigentlich ist es nicht erst mit den neuesten, erfolgreichen Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht für gleiche Bezahlung klar: Das Entgelttransparenzgesetz muss dringend reformiert werden. Der Gender Pay Gap liegt in Deutschland bei 18 Prozent. Am 30. März 2023 hat das Europäische Parlament in Brüssel einen schon länger diskutierten Kompromissvorschlag angenommen. „Die Richtlinie stößt in die Lücken vor, die das deutsche Entgelt­trans­pa­renz­gesetz noch offenge­lassen hatte“, erläutert Rechts­an­wältin und Notarin Silvia C. Groppler, Vorsitzende des DAV-Ausschusses Gender und Diversity in der Pressemitteilung des DAV. Die weitrei­chendste Neuerung ändert die Anforderung der Mindestgröße des Betriebes von mehr als 200 Beschäftigte. „Durch den momentan geltenden Schwel­lenwert wird ein Großteil der Arbeits­ver­hältnisse in Deutschland überhaupt nicht erfasst. Es ist ein Meilenstein, dass die Richtlinie für den Auskunfts­an­spruch keine Betriebsmindestgröße vorsieht“, so Groppler. Der Ausschuss Gender und Diversity des DAV hatte sich schon 2021 zum damalige Richtlinienvorschlag mit einer Stellungnahme positioniert. Die ARGE Anwältinnen im DAV wird im Rahmen der Anwältinnenkonferenz vom 7.- 9. September in Köln eine Veranstaltung zur Entgelttransparenz anbieten.


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Die Formulierung „Dämliches Stück Hirn-Vakuum“ ist keine Beleidigung? Eine Richterin am Landgericht Heilbronn befand zwar, dies sei ein herabwürdigender, persönlicher Angriff. Die Äußerung sei jedoch von der Meinungsfreiheit umfasst und wies die Klage der Berliner Politikerin Sawsan Chebli gegen einen Facebook-Post ab. Die SPD-Politikerin, die in Social Media regelmäßig mit Hass und Häme überschüttet wird, erhält juristische Unterstützung von HateAid.org, die die Entscheidung öffentlich gemacht hat. Über die Arbeit der gemeinnützigen Organisation, die sich gegen digitale Gewalt auf gesellschaftlicher und politischer Ebene engagiert, hatte RAin Josephine Ballon bei der 33. Anwältinnenkonferenz am 8.12.2022 in München berichtet. Im Februar 2022 hatte HateAid beim Bundesverfassungsgericht einen sensationellen Erfolg für die Grünenpolitikerin Renate Künast wegen Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte bei beleidigenden Postings in Social Media erwirkt. Für eine strafrechtliche Sanktion fordert das Gericht eine grundrechtlich angeleitete Abwägung: „Hierfür bedarf es einer umfassenden Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen des Falles und der Situation, in der die Äußerung erfolgte“, Pressemitteilung zu BvR 1073/29 vom 2.2.2022). Vor diesem Hintergrund fand HateAid die Heilbronner Entscheidung „ernüchternd“ und twitterte: „Menschen, die sich in Staat und Gesellschaft engagieren, haben hinreichenden Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte verdient. Das Urteil hingegen vermittelt den Eindruck: Politiker*innen müssten auch solche Angriffe auf ihre Person grundsätzlich aushalten.“

„Plötzlich bist du das Problem“: Drohungen, Schläge, Manipulation – Wenn sich Frauen vor Gericht gegen ihre gewalttätigen Männer wehren, dreht sich häufig der Spieß um. Anwält*innen raten oft dazu, Übergriffe des Partners nicht zur Sprache zu bringen. Es könnte als Rachefeldzug ausgelegt werden. Im Fachjargon: Den Frauen wird „Belastungseifer“ und fehlende „Bindungstoleranz“ vorgeworfen, mit der Folge, dass ihnen die Kinder weggenommen werden. Die Süddeutsche Zeitung hat zusammen mit dem unabhängigen Rechercheprojekt Correctiv zahlreiche Fälle dokumentiert. Unter den Betroffen ist auch die Ex-Partnerin eines ehemaligen Bundesliga-Profis. „Häusliche Gewalt ist beim Umgangs- und Sorgerecht bisher nicht abgebildet“, kritisiert Familienrechtsexperte Thomas Meysen, Leiter des SOCLES International Institute for Socio-Legal Studies in Heidelberg. Es fehle an gesetzlichen Regelungen. Die Frage ist aber auch: Sind Familienrichter*innen gut genug geschult? Die Berliner RAin Asha Hedayati twittert nahezu täglich über Vorgänge in Familiengerichten, die sprachlos machen: @frauasha.

Ella Georgine Auerbach, geborene Levi, war die erste Rechtsanwältin in Berlin, die 1928 am Kammergericht ihre Zulassung erhielt. 1933, direkt nach Hitlers Machtergreifung, wurde sie aus der Anwaltskammer ausgeschlossen. Auerbach war Jüdin. 1939 gelang ihr mit ihrem Mann Richard Auerbach, selbst Anwalt und Notar, und den zwei Kindern die Flucht in die USA. Sie übte nie wieder den Anwaltsberuf aus, sondern wurde Sozialarbeiterin. 1999 starb sie fast hundertjährig in New York. Ihre und viele andere Lebensgeschichten sind im Juristinnenlexikon nachzulesen, das der Deutsche Juristinnenbund in diesem Jahr neu auflegen wird, mit einer finanziellen Förderung durch das Bundesjustizministerium.

 

„Wege zur Diskriminierungsfreiheit in Unternehmen“ lautet ein Infoblatt, dass der Deutsche Juristinnenbund (djb) in Kooperation mit der Bundesstiftung Gleichstellung entwickelt hat und soeben auf seiner Themenseite „Geschlechtergerechte Unternehmenskultur“ online gestellt hat. Es zeigt Wege auf, wie Unternehmen eine eigenverantwortliche Gleichstellungspraxis gestalten können. Umfasst sind vier Themenfelder: gleiche Verwirklichungschancen bei Einstellung, Weiterbildung und Beförderung, Fragen der Entgeltgleichheit, Vereinbarkeit von Care- und Erwerbsarbeit, sowie der etwas aus dem Fokus geratene Bereich des Gesundheitsschutzes: Werden die Belastungen an Frauenarbeitsplätzen überhaupt anerkannt? Vertiefend hat der djb ebenfalls eine PowerPoint-Präsentation online gestellt.

Ganz frisch im Buchladen: „Einfach können. Gendern“ von Johanna Usinger, erschienen im Dudenverlag (15,- Euro). Vor allem die ersten 50 Seiten des schmalen Bändchens sind zum Selbststudium perfekt geeignet. Wer mühelos und ohne allzu viele Sternchen schreiben möchte, oder sogar darauf verzichten will, findet hier viele Tipps. Oder Sie machen sich erstmal in dieser Rezension schlau, wie das geht: gendersensibel schreiben mit System.

Mit leichten Mäusefraßspuren und ansonsten unversehrt lagen Teile eines handschriftlichen Romanmanuskriptes von Brigitte Reimann jahrzehntelang in einem Treppenverschlag ihres Wohnhauses in Hoyerswerda. Es war ein unfassbares Glück, dass die Männer, die das Haus 2022 sanieren sollten, die Hefte und Notizen nicht zum Papiermüll gaben. So konnte der Aufbauverlag zum 50. Todestag der großen DDR-Schriftstellerin das Original des Romans „Die Geschwister“ neu auflegen. Er war zuerst 1963 erschienen, nun aber lässt sich das Buch in der ungekürzten und politisch ungeschönten Fassung lesen. Reimann, deren Bruder Lutz in den Westen geflohen war, erzählt darin mit biografischen Spuren zum eigenen Leben die „Tragödie unserer zwei Deutschland“.

„Die Geschwister“, Brigitte Reimann, Aufbauverlag, Hardcover, 224 Seiten, 22,- Euro   

14.4.2023, Münster „Sexuelle Differenz: Was lernen wir von feministischer Psychoanalyse für aktuelle feministische Kämpfe?“ Buchvorstellung mit Tove Soiland (Autorin) und Anna Hartmann (Herausgeberin), Rosa-Luxemburg-Stiftung
14./15.4.2023, Wildberg „Frau – Macht – Politik! „Frauenkolleg der Konrad-Adenauer-Stiftung zur persönlichen Strategie in Politik und Ehrenamt, mit Business Coach Dorothea Maisch
17.4.2023 „Gewaltschutz: Rechtsprechung versus praktische Umsetzung“, Veranstaltung der Regionalgruppe München des Deutschen Juristinnenbundes
18.4.2023, Magdeburg „Die Geschwister“, Lesung aus der Neuauflage des Buches von Brigitte Reimann mit der Schauspielerin Elisa Ueberschär, Rosa-Luxemburg-Stiftung
19.4.2023, Online

25.4.2023, Online

„Fake News und Falschmeldungen erkennen“, Workshop der Friedrich-Ebert-Stiftung
20.4.2023, Online „Die feminine Revolution im Iran – Ist der islamische Gottesstaat am Ende?“ Diskussionsveranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung
20.4.2023, Berlin „Aber ich lebe. Vier Kinder überleben den Holocaust“ – Vorstellung der Graphic-Novel anlässlich des 78. Jahrestages der Befreiung des Frauen-KZ Ravensbrück. Organisiert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung
20.4.2023, Online „Konfliktmanagement – Konflikte konstruktiv lösen in Ehrenamt, Politik und Alltag“, Seminar der Konrad-Adenauer-Stiftung
26.4.2023, Köln „Verkehrswende? Geschlechtergerecht! Podiumsdiskussion zur unterschiedlichen Nutzung des öffentlichen Raumes von Frauen und Männern, Rosa-Luxemburg-Stiftung
26.4.2023, Bonn „Neuanfang am Rhein. 75 Jahre Konstituierung des Parlamentarischen Rates“, Vortrag im Museum Koenig, wo 1948 die Arbeit am Grundgesetz feierlich begann. Organisiert von der Friedrich-Ebert-Stiftung
27.4.2023, Bonn „Policy Paper des djb zum Schwangerschaftsabbruch“ Diskussionsveranstaltung der Regionalgruppe Bonn des Juristinnenbundes
  1. – 28.4.2023, Berlin
„Frauen, die die Welt bewegen – Spurensuche in Berlin“ Zweitägiges Studienseminar (mit Übernachtung) der Konrad-Adenauer-Stiftung
14.-16.6.2023, Wiesbaden Deutscher Anwaltstag 2023. Das Programm ist online.
7.-9.9.2023, Köln Herbsttagung der ARGE Anwältinnen im DAV
14.- 17.9.2023, Hamburg 45. Deutscher Juristinnenbund Bundeskongress: „Unternehmensziel Geschlechtergerechtigkeit“
Keine Veranstaltungen im April geplant

Der DAV fordert den Gesetzgeber auf, die unauflösliche Kollision des Arbeits­zeit­rechts mit den anwalt­lichen Berufs­pflichten einer sachge­rechten Lösung zuzuführen. In einer der Presse zugeleiteten Initiativstellungnahme durch den Ausschuss Arbeitsrecht wird deutlich, dass Anwält*innen im Interesse ihrer Mandant*innen oft unverzüglich tätig werden müssen, obwohl sie dies arbeitszeitrechtlich unter Umständen nicht dürfen. Ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz würde gegenüber der anstellenden Kanzlei als Ordnungswidrigkeit oder sogar als Straftat geahndet werden können. Die Pressemitteilung belegt den Konflikt mit einer Reihe anschaulicher Beispiele aus dem anwaltlichen Alltag.