Liebe Mitglieder der ARGE Anwältinnen,
wir wünschen Ihnen einen kraftvollen Start in das Jahr 2025.
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Was bringt das neue Jahr der ARGE Anwältinnen im DAV? Ein kurzer Ausblick: Am 20./21. Januar trifft sich der Geschäftsführende Ausschuss, um die neue Geschäftsverteilung nach der Wahl bei der letzten Mitgliederversammlung zu beschließen. Thema wird auch die Vorbereitung der kommenden Herbsttagung der ARGE Anwältinnen im DAV sein. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Schon mal vormerken: Vom 2. bis 6. Juni 2025 findet virtuell und in Präsenz in Berlin der nächste Deutsche Anwaltstag statt. Motto: „Rechtsstaatlichkeit stärken – Freiheit bewahren“. Anmeldung ist ab Mitte Februar möglich. Die ARGE Anwältinnen wird mit eigenen Veranstaltungen vertreten sein. Geplant ist u.a. eine Neuauflage der Paneldiskussion „Demokratie stärken, Rechtsstaat bewahren – was können wir Anwältinnen tun?“. Die hochinteressante Debatte bei unserer letztjährigen Herbsttagung in Hamburg wollen wir für ein breiteres Publikum nochmal aufnehmen. Und: Wir freuen uns auf ein Wiedersehen mit Ihnen bei unserem traditionellen Frühstücksempfang.
Jede zweite Frau in Deutschland arbeitet in Teilzeit. Nun hat das Bundesarbeitsgericht festgelegt: Auch Teilzeitkräfte haben Anspruch auf Zuschläge für Überstunden, genau wie Vollzeitbeschäftigte ab der ersten Stunde Mehrarbeit, so das Grundsatzurteil vom 5.12.2024 (Az. 8 AZR 370/20). Tarifregelungen, die Teilzeitbeschäftigten erst dann Zuschläge gewähren, wenn ihre Überstunden die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten überschreiten, sind diskriminierend. Die Klägerin, eine Pflegekraft, die in Teilzeit für einen großen Dialyseanbieter mit über 5000 Beschäftigen tätig ist, war mit ihrem Anliegen bis vor den Europäischen Gerichtshof gezogen. Das BAG musste nun die Vorgaben des EuGH umsetzen und anerkennen, dass die Klägerin durch den sie betreffenden Manteltarifvertrag „auch eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts erfahren“ hat. Beim beklagten Betrieb arbeiten über 90 Prozent Frauen, für die dieser Manteltarifvertrag gilt.
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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 27.12.2024 den Bundestag aufgelöst, als die gesetzlich vorgesehene Konsequenz auf die verlorene Vertrauensfrage des Kanzlers. Dennoch bleibt der Bundestag beschlussfähig, mit einer letzten Sitzungswoche. Für diese ist unter anderem die Abstimmung für eine Neuregelung des Mutterschutzes bei Fehlgeburten vorgesehen. SPD, Grüne, FDP und die Union haben sich überparteilich auf eine entsprechende Gesetzesänderung verständigt, wie unter anderem die Tagesschau berichtet hat. Bei einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche soll eine Mutterschutzfrist bis zu zwei Wochen gelten; ab der 17. Schwangerschaftswoche bis zu sechs Wochen und ab der 20. Schwangerschaftswoche bis zu acht Wochen. Natascha Sagorski spricht von einem „Weihnachtswunder“, wie der Spiegel berichtet. Die Autorin, Mutter von zwei Kindern, hatte vor drei Jahren eine Petition für den gestaffelten Mutterschutz gestartet, lange musste sie auf den nun anstehenden Erfolg warten. Eine Neuregelung des Mutterschutzes war zwar schon Bestandteil des Koalitionsvertrages gewesen. Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) konnte sie aber als Bestandteil eines umfassenden Gesetzespaketes nicht durchsetzen, die FDP blockierte. Dazu gehörte der Mutterschutz für Selbständige und die Familienstartzeit, die Partnern und Partnerinnen von Schwangeren nach der Geburt zwei Wochen bezahlte Zeit mit der Familie gewährt hätte. Beides wurde nicht (mehr) geregelt.
Frauen haben strukturell weniger frei verfügbare Zeit als Männer. Grund ist die oft ungleiche Verteilung von Erwerbs- und Care Arbeit. Inwieweit verstärken rechtliche Strukturen diese Ungleichheit? Oder könnten sie mit den Mitteln des Rechts künftig ausgeglichen werden? Alice Bertram hat sich in ihrer Dissertation „Zeit als Ressource im Recht“ mit dieser feministischen Fragestellung befasst. So auch beispielsweise damit, ob sich aus dem Grundgesetz normative Vorgaben ergeben könnten, um Zeit als Voraussetzung von Autonomie zu schützen. Denn, schreibt Dr. Alice Bertram, mittlerweile Postdoctoral Researcher an der Leuphana Universität Lüneburg: „Zeit zu haben ist eine unabdingbare Voraussetzung für autonome Entscheidungen und Handlungen. Ein Mangel von Zeit wird häufig als Verlust von Autonomie erlebt.“ In der neuesten Ausgabe der Zeitschrift des Deutschen Juristinnenbundes (DjbZ) hat Dr. Caroline Dressel, LL.M. die Dissertation ausführlich besprochen.
Das Zeitthema kommt auch in unserer aktuellen Broschüre „Kanzlei und Kind. Klar geht das!“ zur Sprache. Download der PDF ist auf der Website der ARGE Anwältinnen möglich.
Folgen Sie schon @chraclemm auf Instagram? Die Berliner Rechtsanwältin Christina Clemm zitiert in ihrem Kanal unter dem Hashtag #patriarchatslügen eben solche. Kostprobe: „Wäre es wirklich so schlimm gewesen, hätte sie ihren Mann doch sofort verlassen.“ Oder: „Mann tötet Ex-Partnerin aus Liebe.“ Christina Clemm ist seit 25 Jahren Rechtsanwältin, Schwerpunkt auf Familienrecht und Strafrecht, mit Spezialisierung auf Nebenklagevertretung, in einer Kanzlei ausschließlich mit Anwältinnen. Insofern war sie die ideale Laudatorin bei der Vergabe des Maria-Otto-Preis des DAV 2024 an das Anwältinnenbüro Leipzig. Auch hier arbeiten nur Frauen. In ihrer Laudatio fand RAin Christina Clemm deutliche Worte für die Unterbezahlung der anwaltlichen Tätigkeit, wenn es um Mandate für gewaltbetroffene Frauen geht, bei gleichzeitig hoher Arbeitsbelastung. Anwältinnen wie das Leipziger Trio, merkte die Laudatorin an, „machen die Arbeit, die eigentlich der Staat tun sollte, vor allem im Bereich Gewaltschutz“.
Christina Clemm war Mitglied der Expertenkommission zur Reform des Sexualstrafrechts 2016 und trat mehrfach als Sachverständige bei Anhörungen des Bundestags auf, etwa beim Antrag „Femizide in Deutschland untersuchen, benennen und verhindern“ im März 2021. In der aktuellen rbb 24-Reportage „Hass auf Frauen“ (ARD-Mediathek, ab Minute 5‘15) beschreibt sie anschaulich, wie gefährlich der Gang zum Familiengericht für gewaltbetroffene Frauen ist, weil sie vor dessen Tür auf den Täter treffen. Sie hat zwei Bücher geschrieben: „AktenEinsicht. Geschichten von Frauen und Gewalt“ im Kunstmann Verlag (März 2020) und „Gegen Frauenhass“ im Hanser Verlag (September 2023). Auf ihrer Website finden sich lange Listen von Interviews, Podcasts und Videoaufzeichnungen. Den nächsten Vortrag „Man(n) tötet nicht aus Liebe“ hält RAin Christina Clemm am 7.1.und am 24.2.2025 im Deutschen Theater in Berlin, als Einführung zum Theaterstück „Der Zähmung Widerspenstigkeit“, Eintritt frei.
Beliebtes Servicethema in allen Medien: Was ändert sich zum Jahreswechsel 2024/25? Das Deutschlandticket kostet statt 49,- nun 58,- Euro, das Briefporto erhöht sich um zehn Cent auf 0,95 Euro. Wichtig auch im anwaltlichen Alltag: Die Post hat sich von der Verpflichtung zur Zustellung am nächsten Tag verabschiedet. Ein Brief darf bis zu drei Tage brauchen, bis er an der Zieladresse ankommt. Das Kindergeld wird um 5,- auf 255,- Euro erhöht, der steuerliche Kinderfreibetrag um 60,- Euro angehoben, von 9.540 auf 9.600,- Euro. Einen ziemlich umfassenden Überblick hat der NDR zusammengestellt. Das Bundesjustizministerium informiert über wichtige Maßnahmen der Bürokratieentlastungsgesetzes IV, gelobt als „das größte Bürokratieabbau-Programm in der Geschichte unseres Landes“. Dazu zählt u.a. die Abschaffung der lästigen Hotelmeldepflicht wie auch die Verkürzung von steuerrechtlichen Aufbewahrungspflichten von Buchungsbelegen von zehn auf acht Jahre.
Starten Sie in das neue Jahr mit den Werken von zwei top prämierten Schriftstellerinnen: Martina Hefter erhielt für Hey Guten Morgen, wie geht es Dir? den Deutschen Buchpreis 2024, weitere Auszeichnungen inklusive. Die Leipziger Autorin entwirft in ihrem so leichtfüßigen wie tiefgehenden Roman ein Lügengespinst um Heiratsschwindler und ehrliche Gefühle. Wer betrügt hier wen? Nachts, wenn Juno ihre Care Arbeit für den schwerkranken Ehemann Jupiter beendet hat, setzt sie sich an den Computer. Sie chattet mit Männern, die ihr Liebe vorgaukeln. Doch statt auf sie reinzufallen, spielt Juno ein eigenes Spielchen und wird so selbst zur Lügnerin. Bis sie online Benu aus Nigeria trifft, einer jener Love-Scammer, die sich – quasi als späte Rache am Kolonialismus – in die Herzen liebesbedürftiger Europäerinnen schleichen. Literaturkritiker Wolfgang Schneider bringt es auf den Punkt: „Die Erzählerin greift nach den Sternen und hadert mit der Schwerkraft der Verhältnisse.“
Hey Guten Morgen, wie geht es dir?, Martina Hefter, Klett-Cotta, 224 Seiten, 22,- €
Der Literaturnobelpreis 2024 ging an Han Kang, Schriftstellerin aus Südkorea, „für ihre intensive poetische Prosa, die sich historischen Traumata stellt und die Zerbrechlichkeit menschlichen Lebens darstellt“, so die Jury-Begründung. Bekannt wurde Han Kang 2016 mit Die Vegetarierin. Mittlerweile sind sechs ihrer Bücher auch auf Deutsch erhältlich. Der neueste Roman Unmöglicher Abschied deckt ein jahrzehntelang verschwiegenes Kapital koreanischer Geschichte auf, erzählt anhand der Freundschaft zwischen zwei Frauen: Gyehonga reist auf die Insel Jeju, um einen kleinen, weißen Vogel zu füttern, während ihre Freundin Inseon nach einem Suizidversuch im Krankenhaus ist. Gyehonga gerät in einen Schneesturm, als sie sich zu Fuß zum Haus von Inseon mit dem eingesperrten kleinen Vogel durchkämpft. „Die Handlung verschwimmt immer mehr zwischen den Realitäten, Orten, Zeiten und Personen,“ schreibt Judith Heitkamp. „Eindeutig ist fast nichts – außer der Gewalt.“ Denn 1948 wurden nach einem Aufstand auf der Insel 30.000 Menschen brutal ermordet. „Han Kangs Romane selbst sind nicht dokumentarisch, aber sie erzählen von der Mühe und dem Schmerz der Spurensuche“.
Unmöglicher Abschied, Han Kang, Aufbau Verlag, 315 Seiten, 24,- €
Datum | Veranstaltung |
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7.1. und 24.2.2025, Berlin | „Man(n) tötet nicht aus Liebe“, RAin Christina Clemm über Femizide vor Gericht als Einführung zum Theaterstück „Der Zähmung Widerspenstigkeit“ im Deutschen Theater Berlin |
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„Potentiale der geschlechtsspezifischen Kommunikation als Leitungskraft nutzen“, mehrtägiges Seminar der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Autorin und Coach Saskia Dürr |
16.1.2025, Kyritz | „Es ist einmal – Ostdeutsche Großeltern und ihre Enkel im Gespräch“, Buchlesung und Gespräch mit Dörte Grimm und Sabine Michel, Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg |
21.1.2025, online | „Wie wird man eigentlich … Partnerin einer Großkanzlei?“, Webtalk mit RAin und Notarin Dr. Julia Wolf, Partnerin bei Taylor Wessing, Friedrich-Naumann-Stiftung |
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„Kontern statt schweigen – rechten Parolen begegnen“, zweitägiger Workshop mit Journalistin und Trainerin Ulrike Schnellbach, Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg |
23.1.2025, online | „Crashkurs Körpersprache“, morgendlicher Onlinekurs für eine Stunde mit der Personalentwicklerin, Trainerin und Coach Kerstin Lehning, Friedrich-Naumann-Stiftung |
24./25./29./1. und 4.2.2025, online | „Zeitmanagement und Resilienz – Wie können wir Familie, Job und Ehrenamt unter einen Hut bekommen?“ Workshop in vier Modulen, Friedrich-Ebert-Stiftung |
Save the date 21.2.2025, Berlin |
KI-Forum des DAV |
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Deutscher Anwaltstag 2025 |
Keine Veranstaltungen im Januar geplant
Künstliche Intelligenz (KI) ist auf dem besten Weg, auch im Anwaltsberuf eine Rolle zu spielen, nur welche? Der Deutsche Anwaltverein lädt Ende Februar zu einem KI-Forum in Berlin ein. In mehreren Paneldiskussionen werden KI-Tools und ihre Anwendung, sei es in Kanzleien, sei es in der Justiz, kritisch beleuchtet: von denen, die bereits damit arbeiten, wie auch von der Seite derjenigen, die sie konzipieren. Berufsrecht, Datenschutz und Fragen der Ethik kommen ebenfalls zur Sprache. KI-Forum des DAV am 21.2.2025, 10 – 17 Uhr im DAV-Haus in Berlin, Teilnahmegebühr: 39,- Euro. Anmeldung über das Veranstaltungsbüro der DeutscheAnwaltAkademie: mittelmerten@anwaltakademie.de