Der Weimarer Landesverfassungsgerichtshof hat am 15.7.2020 das Thüringer Paritätsgesetz zurückgewiesen und damit einer Klage der AfD stattgegeben. Elke Ferner vom Vorstand des Deutschen Frauenrats (DF) sieht darin einen herben Rückschlag für die Gleichstellung in Thüringen und darüber hinaus. Sie weist daraufhin, dass unser Grundgesetz den Staat in Art. 3 verpflichtet, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern durchzusetzen und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Jetzt müsse das Bundesverfassungsgericht klären, ob Paritätsgesetze ein legitimes Mittel sind, dieses Gleichberechtigungsgebot zu erfüllen. Auch Lea Rabe hält in ihrem Beitrag im „Verfassungsblog“ die Zukunft von Parité für unentschieden und den Weg zum Bundesverfassungsgericht gegen die Entscheidung von Weimar grundsätzlich für offen. Thüringen hatte als zweites Bundesland nach Brandenburg ein Paritätsgesetz eingeführt und nun das erste verfassungsgerichtliche Urteil im Sachbereich vorgelegt. So umstritten die Parité in Rechtslehre und Politik ist, so ambivalent ist auch die 62 Seiten starke Mehrheitsentscheidung des Landesverfassungsgerichtshofs: Sie erging mit sechs zu drei Stimmen in Begleitung zweier umfangreicher Sondervoten.

Az VerfGH2/20, Urteil vom 15.7.2020, Bericht im „Verfassungsblog“, DF-Pressemitteilung, Aufruf „Mehr Frauen in die Parlamente“, Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes (djb)

 

BVerfG: Rechtsfragen zur geschlechtergerechten Sprache bleiben offen. Die Verfassungsbeschwerde gegen Genderungerechtigkeit in Sparkassenvordrucken und –formularen wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Dieser Beschluss wurde am 1. Juli 2020 bekanntgegeben. Die Beschwerdeführerin ist Kundin einer Sparkasse, die im Geschäftsverkehr Formulare und Vordrucke verwendet, die nur grammatisch männliche, nicht aber auch grammatisch weibliche oder geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen enthalten. Die Klage der Beschwerdeführerin, die Sparkasse zu verpflichten, ihr gegenüber Formulare und Vordrucke zu verwenden, die eine grammatisch weibliche oder neutrale Form vorsehen, blieb vor den Zivilgerichten in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof erfolglos. Die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig, weil sie den formalen Begründungsanforderungen nicht genüge.

Mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgericht sei eine Chance vertan, zu bestätigen, dass das generische Maskulinum nicht nur sprachlich, sondern auch rechtlich diskriminierend ist, kritisierte Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes (djb). Die aus formalen Gründen getroffene Entscheidung weise dennoch auf Lücken bzw. Reformbedarfe des geltenden Rechts hin. Das Bundesverfassungsgericht habe zwar nicht in der Sache entschieden, die Gesetzgebung könne aber selbstverständlich tätig werden. Die deutsche Rechtssprache ist durch Gesetze aus den Jahren 1871 bis 1900 geprägt, in denen es – der damaligen Realität entsprechend – lediglich das männliche Rechtssubjekt gab, denn im allgemeinen Rechtsverkehr handelten fast ausschließlich Männer. Es sei Zeit, dies zu ändern, so die djb-Präsidentin.

Az 1 BvR 1074/18, Beschluss vom 26.5.2020, BVerfG-Pressemitteilung, djb-Pressemitteilung